Tipps für Vortragende

Wir danken Ihnen für Ihr Engagement in der Anwaltsakademie, welches maßgeblich dazu beiträgt, die qualitativ hochwertige Aus- und Fortbildung des österreichischen Rechtsanwaltsstandes zu sichern! 

Mit diesem Manual stellen wir Ihnen einen Leitfaden zur Verfügung, der Ihnen die Aufgabe als Referentin bzw Referent der Anwaltsakademie erleichtern soll.

1. Didaktik

„Didaktik ist die Vermittlung zwischen der Sachlogik des Inhalts und der Psychologik des/der Lernenden. Zur Sachlogik gehört die Kenntnis der Strukturen und Zusammenhänge der Thematik, zur Psychologik die Berücksichtigung der Lern- und Motivationsstruktur der Adressat/innen.“ 1

 
Erwachsenengerechte Didaktik

Prinzipien der Erwachsenendidaktik: Orientierung an den Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, der Lebensweltbezug sowie die Verwendungsorientierung.
Für Ihre Tätigkeit in der Anwaltsakademie bedeutet das, dass

  • ein Ausbildungsseminar anders geplant wird als ein Fortbildungsseminar

  • das unterschiedliche Vorwissen berücksichtigt wird

  • möglichst die Bedingungen der jeweiligen Arbeitsrealität in die Planung einfließen

  • bereits in der Planung eindeutig geklärt wird, welchen Nutzen die vermittelten Inhalte den Teilnehmenden bringen sollen

2. Ziele

Die Zuhörenden haben eine Erwartung, wenn Sie zu Ihrem Vortrag erscheinen. Sie selbst sollten im Vorfeld klar formulieren, was Sie mit Ihrem Referat vermitteln und bezwecken wollen. Um eine Angleichung von Erwartungen und Seminarziel zu erreichen, sind Analysen der Zielgruppe und der Lernziele im Vorfeld sinnvoll.
 

Zielgruppenanalyse

Als Referentin bzw. Referent der Anwaltsakademie arbeiten Sie prinzipiell mit zwei unterschiedlichen Zielgruppen:

  • Rechtsanwaltsanwärterinnen bzw. Rechtsanwaltsanwärter
  • Rechtsanwältinnen bzw. Rechtsanwälte

Am klarsten ist die Zielgruppenanalyse in den Ausbildungsveranstaltungen: Diese Veranstaltungen sind speziell für Rechtsanwaltsanwärterinnen und Rechtsanwaltsanwärter angelegt. Es kommt jedoch durchaus vor, dass auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte diese Veranstaltungen nutzen, sei es, um bestimmte Vortragende „live zu erleben“, sei es, um ihren Wissensstand im entsprechenden Spezialgebiet aufzufrischen. 
Fortbildungsseminare sind als Veranstaltungen auf hohem Niveau konzipiert, bei deren Planung kann Basiswissen im entsprechenden Themenkomplex vorausgesetzt werden, so dass erfahrene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von dem von Ihnen vermittelten Wissen profitieren können.
Zur exakten Zielgruppenanalyse erhalten Sie wenige Tage vor dem Seminar die Teilnehmerliste, aus der Sie die Gesamtanzahl der Teilnehmenden sowie den Anteil der bereits eingetragenen Standesmitglieder einsehen können. So können Sie aufgrund dieser Information Ihr endgültiges Referat gegebenenfalls noch modifizieren.
 

Lernzielanalyse

Aus den unterschiedlichen Zielgruppen resultieren unterschiedliche Erwartungen Ihres Publikums, die durch eine kurze Lernzielanalyse bei der Planung des Seminars berücksichtigt werden:

Ausbildung → Basiswissen

  • Ausgangsposition: universitäres Wissen vorhanden
  • wesentliches Ziel: Erlangen von Basiswissen bzw. Prüfungsvorbereitung
  • Vermittlung von:
    • wichtigen Grundlagen
    • wesentlichen Besonderheiten des Fachgebietes
    • möglichst breitem Wissensstand zum Thema

Fortbildung → Spezialwissen

  • Ausgangsposition: Grundlagenwissen und Berufspraxis vorhanden
  • wesentliches Ziel: Vertiefung des Wissens bzw. Aneignen von Spezialwissen
  • Vermittlung von:
    • Tipps von Expertinnen und Experten
    • aktuellen Gesetzesänderungen
    • Fachspezifika
3. Inhalt

Oft ist die Fülle von Informationen bezüglich eines Themas immens.
 
Zur Erstellung des Manuskriptes und Ihres Referates dienen die folgenden Strategien der didaktischen Reduktion:

  • Elementarisierung 
    Reduktion des Stoffes auf grundlegende Strukturen, Gesetzmäßigkeiten und Begrifflichkeiten
  • Verzicht
    Weglassen von zunächst unerheblichen Details, die auf Nachfrage präsentiert werden können
  • Schlüsselbegriffe 
    Herausfiltern von prägnanten Begriffen, die den Themenkomplex erschließen
  • Vereinfachen
    Komplizierte Zusammenhänge auf ein nachvollziehbares Niveau bringen
 
Skriptum
  • Das Deckblatt wird von der Anwaltsakademie erstellt.
  • Besonders hilfreiche Bestandteile des Skriptums::
     
    • Inhaltsverzeichnis

      Zur besseren Übersichtlichkeit des Skriptums sollte am Beginn ein Inhaltsverzeichnis stehen.

    • Muster und Checklists
      Besonders wichtig und erwünscht sind Muster und Checklisten.

Der im Vortrag behandelte Stoff sollte im Überblick skizziert werden, mit Schwerpunkt auf Zitaten aus der aktuellen Literatur und Rechtsprechung.

4. Methoden

Methoden sind der Weg zum Lernziel. Ein Methoden- oder Medienmix oder aber eine abwechselnde Conference, bei der sich mehrere Referentinnen und Referenten gegenseitig abwechseln, nimmt zwar eine intensivere Vorbereitung in Anspruch, ist aber eine gute Voraussetzung, dauerhaft das Interesse des Publikums zu binden.
 

Präsentation/Vortrag

Sicher haben Sie selbst bereits erlebt, dass Referentinnen bzw. Referenten aus einem Manu-skript ablesen, oft auch ohne aufzublicken. Dies ist ein sicheres Mittel, Unaufmerksamkeit unter den Zuhörenden zu verursachen.
Im Gegensatz dazu ist ein guter Referent bzw. eine gute Referentin - unabhängig vom Thema - meist auch animierend. Wenn Ihr Referat zusätzlich zur vermittelten Information spannend ist, nimmt Ihre Zielgruppe das von Ihnen vermittelte Wissen wesentlich erfolgreicher auf.

  • Verfassen Sie Ihre Referatsvorlage in Sprech-, statt in Schriftsprache.
  • Gliedern Sie Ihre Präsentation klar.
  • Starten Sie flott, um die Aufmerksamkeit zu binden.
  • Bleiben Sie mitreißend: Halten Sie einen Spannungsbogen während des Informations-teils, der sachlich und fundiert sein sollte. Machen Sie dazu den „roten Faden“ Ihres Vor-trages, Ihr Grundanliegen, deutlich.
  • Schließen Sie mit einer Zusammenfassung.
  • Sprechen Sie laut und deutlich.
  • Modulieren Sie Ihre Sprechstimme: Verändern Sie Sprachmelodie, Sprechtempo und –rhythmus, setzen Sie Pausen als bewusste Stilmittel ein.
  • Halten Sie Blickkontakt.
  • Unterstreichen Sie das Gesagte mit gezielter Gestik.
     
Diskussion

Ob eine Diskussion ungeplant verläuft, sich verselbstständigt und Ihr Referat aus dem zeitlichen sowie inhaltlichen Rahmen reißt, oder eine bewusst eingesetzte Methode darstellt, liegt in Ihrer Macht und kann von Ihnen gesteuert werden.
Diskussionen können, richtig moderiert, das „Salz in der Suppe“ eines Referates sein. Sie können aber auch ermüden und zum Forum von Selbstdarstellung bzw. zur beliebten Möglichkeit zum Halten eines Co-Referates werden.

Einige grundsätzliche didaktische Hinweise zu Diskussionen:

  • Diskutieren Sie immer sachlich und fair.
  • Punkten Sie in Diskussionen nie auf Kosten von Seminarteilnehmern.
  • Achten Sie auf angemessene Verteilung von Diskussionsbeiträgen.
  • Moderieren Sie deutlich und bestimmt, falls es zu Meinungsverschiedenheiten im Teilnehmerkreis kommt.
  • Brechen Sie, wenn notwendig, eine Diskussion ab.
5. Visualisierung

Unter Visualisierung versteht man die Übersetzung eines Grundgedankens oder wesentlichen Elementes komplexer Zusammenhänge in eine sichtbare Form zur Unterstützung des Informationsflusses.
Die meisten Menschen sind visuelle Typen und nehmen ca. 80% der Informationen über das Auge, nur ca. 11% über das Ohr auf. 
Legen Sie bei einer Visualisierung Ihre Priorität auf Klarheit und Übersichtlichkeit. 
Bedenken Sie immer: Die Visualisierung soll Ihren Vortrag unterstützen, aber weder von ihm ablenken noch ihn ersetzen. Im Mittelpunkt stehen Sie und Ihr Publikum, nicht die Technik und ihre Möglichkeiten!

 


Autorin:
Mag. Barbara Kolb

Überarbeitung 2023: Dr. Peter Gruber, BSc (WU)

1 Horst Siebert: Didaktisches Handeln in der Erwachsenenbildung. Didaktik aus konstruktivistischer Sicht. 3. Auflage. Neuwied/Kriftel 2000, S.2